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Zurück in die Zukunft
– eine Spielstraße
2024

An drei Tagen Ende Juni 24 ist im Viertel am Südpark eine Art Parcours mit 50 Stationen, die Künstler*innen, Anwohner*innen, Studierende und lokale Initiativen gemeinsam gestalteten. Kleine und große Menschen konnten etwa beim Gespenstertraining unter Bauschuttsäcken spuken, als Pflanzen verkleidet im Grün des Südparks verschwinden oder eine aus Luft und Kreide ersonnene Plattenbauwohnung erkunden.

Vor genau sechzig Jahren wurde der Grundstein von Halle-Neustadt gelegt – ein damals viel beachtetes Ereignis. Denn die Pläne und Vorstellungen von der ersten modernen sozialistischen Stadt waren groß. Und bis heute ist es die größte Planstadt, die jemals in Deutschland errichtet wurde. Die Stadt als gesellschaftlicher Entwicklungsraum, beeinflusst von den Traditionen des Bauhauses, des industriellen Bauens und der Funktionstrennung, elektrisierte die Partei und die Architekten. Alle sollten gleich sein, gleich wohnen, leben und arbeiten. Die eindeutige Stadt ohne Ungewissheiten, Subkulturen und Konflikte sollte entstehen mit Wohn-Ensembles, Schulen, Kinderkrippen, modernen Versorgungseinrichtungen, Sport- und Kulturbauten, breiten Straßen, Grünanlagen und Kunst im öffentlichen Raum. Die Zukunft heißt Fortschritt. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Wenn wir heute Bilder aus der Gründungszeit von Halle- Neustadt betrachten, fällt mindestens dreierlei auf. Die Bewohner:innen sind jung – es sind viele, aus allen Ecken der neu gegründeten DDR-Gesellschaft. Sie bewegen sich zielstrebig zur Arbeit, zum Einkaufen, zur Schule, zu den wenigen Sportstätten und Kulturinstitutionen und als Drittes: Die Stadt war eine riesige Baustelle. Nahezu alles war in unfertiger Bewegung. Insbesondere von den Kindern wurde die neue Stadt, jenes Konglomerat von Bauzustand und „trautem Heim“, begeistert aufgenommen. Sie verstanden es, diesen Zustand für ein interessantes, fantasievolles, gemeinschaftliches und nicht immer ungefährliches Spiel zu nutzen. Baumaterial, Betonplatten, Baugeräte, Schutt und Schlamm waren ihre Begleiter auf diesem großen Abenteuerspielplatz. Sechzig Jahre später: Halle-Neustadt ist gekennzeichnet durch Stadtumbau-, Migrations- und gesellschaftliche Transformationsprozesse. Im Viertel Am Südpark in Halle-Neustadt werden all diese Prozesse auf kleinstem Raum besonders deutlich. Es wiederholt sich das Bild der vergangenen Zukunft: Kinder unterschiedlichster Herkünfte und Vergangenheiten spielen zwischen Häusern im Unfertigen des Ortes eine gemeinsame zukünftige Gesellschaft. In einer Art von naiven Aktionismus haben wir uns in diese Gemengelage begeben und widmen unsere Aufmerksamkeit der Zukunft, den Kindern, Jugendlichen und allen Bewohner:innen am Südpark. Wir machen uns fit für die Zukunft. Welche Fertigkeiten und Fähigkeiten braucht es? Wir suchen nach einer gemeinsamen Gestaltung und ganz und gar nach einer positiven Erzählung. Entstanden ist ein Parcours aus Spielorten entlang der Wege, Straßen, Höfe, Plätze und Durchgänge des Quartiers. Ausgehend vom Platz ohne Namen kann man entlang dieser Spielstraße Menschen und Mythen aus unterschiedlichen Vergangenheiten und diversen Zukünften begegnen, bizarre Prüfungen bestehen und sich den Südpark erspielen. Diese Idee verbinden wir mit einem weiteren Ereignis aus der vergangenen Zukunft. Das Konzept der Spielstraße von 1972 in München ist mehr als eine vom Auto befreite Zone. Spielstraßen sind Bereiche für freie, lebendige Kommunikation zwischen Bewohner:innen, Besucher:innen, Künstler:innen und anderen Akteur:innen und Aktanten. Danke an Martin Kaltwasser für den Input. Gerne hätten wir gemeinsam mit Dir weitergespielt!
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